04.11.2024
Preisträger vorgestellt - Marc Widmann & Leonie Daumer: Plötzlich ein Loch im Kinderherz (Ressort Offenes Thema)
Volker Northoff
Den Siegerbeitrag im Ressort Offenes Thema für Artikel aus Wirtschaftsbereichen, für die kein eigener Themenpreis ausgelobt wird, publizierten Marc Widmann und Leonie Daumer am 6. Juni 2024 in der Wochenzeitung Die Zeit unter der Überschrift "Plötzlich ein Loch im Kinderherz - weil ein Teil für ein paar Euro fehlt". Um Patienten und Patientinnen beispielsweise vor minderwertigen Brustimplantaten zu schützen, fordert eine EU-Regelung, dass alle Medizinprodukte regelmäßig neu zertifiziert werden müssen. Die Zertifizierung liegt jedoch in den Händen privater Firmen, die den Prozess künstlich verteuern. In der Folge werden Nischenprodukte etwa für Kinder vom Markt genommen - mit gravierenden Konsequenzen im Einzelfall, wie ihn die Autoren exemplarisch schildern und umfassend einordnen. Eine Änderung der Regelung wird angestrebt. Jurorin Maja Brankovic, stellvertretende Chefredakteurin der Wirtschaftswoche, zeigte sich in ihrer Laudatio sichtlich berührt: "Ja, auch von mir ein ganz großer Glückwunsch im Namen der ganzen Jury. Wir haben uns sehr gefreut über Ihren Text und wir haben auch rege diskutiert. Die Kommentare, die es zu dem Text aus der Jury gab, waren sich im Prinzip einig: Ich wusste gar nicht, dass das ein Problem ist. Ich wusste gar nicht, dass es eine EU-Verordnung zur Sicherheit von Medizinprodukten gibt, die tief in das Leben fast jedes Menschen geht, und dass diese Verordnung solche Konsequenzen hat. Und weil Ihr Text eine Entdeckung war, haben wir ihn ausgewählt. Plötzlich ein Loch im Kinderherz, weil ein Teil für ein paar Euro fehlt - das ist ja schon ein Titel, der zum Lesen anregt. Der Artikel nimmt uns mit in die Operationssäle der Kinderchirurgie. Er zeigt uns, was in diesem sehr emotionalen Raum passiert, wenn plötzlich nötiges Material fehlt: Sie steigen ein mit einem banalen Stück Plastik, das aus Kostengründen nicht mehr produziert wird. Deshalb wird auf einmal aus einer Routine-OP für Kinderherzchirurgen ein lebensbedrohlicher Notfall. Ein Protagonist in Ihrem Text, Professor der Uniklinik München, muss improvisieren. Diese Improvisation geht schief und er produziert das im Titel des Artikels stehende Loch im Kinderherz. Er muss eine Notfall-OP durchführen. Die Kraft des Artikels liegt darin, die politisch-bürokratische Prozedur einer Verordnung, die gut gemeint ist, mit all ihren unbeabsichtigten und zum Teil ja wirklich verheerenden Folgen anschaulich zu machen. Dieses Beispiel verdeutlicht sehr eindrücklich, wie dramatisch die Lage geworden ist. Das vermitteln sie mit sehr präzisen, aber auch emotionalen Schilderungen, die den Leser und die Leserin die Dringlichkeit der Situation spüren lassen, ohne dass Sie jemals ins Pathetische rutschen. Sie schaffen es immer, auf einer sehr sachlichen, deskriptiven Ebene zu bleiben und trotzdem Emotionalität und Dringlichkeit zu erzeugen. Kinder sterben, weil Katheter fehlen, schildern Ärzte. Das hinterlässt wirklich Eindruck, man erzählt davon in der Familie, man erzählt davon auch Wochen später. Und ich muss für mich sagen: Wenn ich Ihren Text zusammenfasse, dann werde ich emotional, obwohl es um die EU geht. Recherchen, Analysen und Fakten zusammenzutragen und einzuordnen, das ist ja ein wesentlicher Teil unseres Geschäfts. Aber es geht auch darum, Themen zu finden, sie zu recherchieren und so zu erzählen, dass es Eindruck hinterlässt und dass uns immer wieder ein Fenster geboten wird in Dinge, von denen wir sonst nicht erfahren - wenn es nicht Journalisten wie Sie gäbe, die uns das erzählen. Dafür sind wir sehr dankbar und deshalb nochmal meinen herzlichen Glückwunsch!" Ulrich Leitermann, Vorstandsvorsitzender der Signal Iduna: "Mein herzlicher Dank gilt allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern für ihre exzellenten Beiträge sowie der Jury für ihre sorgfältige Arbeit. Dieser Preis unterstreicht die Bedeutung eines freien, unabhängigen und verantwortungsvollen Journalismus für unsere Gesellschaft. Die Preisträgerinnen und Preisträger haben mit ihrer Arbeit Maßstäbe gesetzt und sind Vorbilder." Alle prämierten und nominierten Beiträge sind als Volltext und pdf abrufbar auf der Webseite des Deutschen Journalistenpreises: https://www.djp.de/preistraeger/2024 Die live aus dem Fernsehstudio übertragene Preisverleihung ist dauerhaft dokumentiert auf https://www.djp.de/preisverleihungen/2024 >> Kontakt Zum aktuellen Club-Impuls |
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